sPERANTO-Kurzfilmprojekt: „Nicht so viel darüber nachdenken, was andere von mir halten“

Nachwuchsschauspieler Luke Dylan Schäfer im Einsatz für sPERANTO

Es waren einmal eine Schülerin, die den Traum hatte, ein Drehbuch über ihr Leben zu schreiben, und eine junge Medienpädagogin, die sich mit ihrem gemeinnützigen Unternehmen sPERANTO für Chancengleichheit einsetzt. Mit einer Preview im Filmtheater Colosseum in Berlin-Prenzlauer Berg feierten Jasmin Thometzek und Alica Paeske im Juni 2025 ihr Kurzfilmprojekt „Die Traumtänzerinnen“. Und die Kreativität, die jungen Menschen auch in den heutigen unruhigen Zeiten eine Perspektive gibt.

Ein professionell designtes Filmplakat mit einer Tanzszene aus dem Club. Eine Preview mit Sekt, Catering, Musikprogramm und Podiumsdiskussion im Colosseum an der Schönhauser Allee. Auf den ersten Blick ist der Film „Die Traumtänzerinnen“ nicht von einem richtigen Kinofilm zu unterscheiden. Bis auf das kurze-Hose-und-Rucksack-Outfit vielleicht, mit dem ein stolzer Vater neben seiner schickgemachten Nebendarstellerinnen-Tochter ins Kino kommt.

Auf dem Podium vor und nach der Vorführung des Films klingt dann beides durch: die Professionalität, die Alica Paeske in dieses Projekt gesteckt hat und von der die benachteiligten Jugendlichen, die sie fördert, hoffentlich etwas fürs Leben gelernt haben. Und das Durchhaltevermögen, das die engagierten Profis wie Regisseurin Julia Milz und Editorin Jana Teuchert bei der Zusammenarbeit mit den Laien gebraucht haben, bis ein vorzeigbares Ergebnis entstanden war, das nun auch bei Filmfestivals eingereicht werden kann. Aber bei dieser Produktion war ohnehin eher der Weg das Ziel.

Vielleicht auch einfach erstmal jung sein

Gut anderthalb Jahre hat es allein vom Dreh bis zur Fertigstellung des Kurzfilms gedauert. Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin Jasmin Thometzek war 14 Jahre alt, als sie die Story konzipierte, und 17, als sie sie endlich auf der Leinwand sehen konnte. Für sie und ihre Freundinnen Shaina Schönicke und Zahra Afshar, regelmäßige Teilnehmerinnen an sPERANTO-Projekten, war das alles ein großes Abenteuer. Alle drei schwärmen von der Filmszene, in der sie sich gemeinsam für die Clubnacht stylen. Nach ihren Zukunftsplänen gefragt, klingen sie auf dem Podium noch ganz unbedarft: Irgendwas mit Regie oder Schauspiel wäre schon schön, aber vielleicht auch einfach erstmal jung sein.

Die professionellen Nachwuchsschauspieler der männlichen Hauptrollen – Kaan Dahan, Antonio Darius Albrecht und Luke Dylan Schäfer (Foto) – haben da schon konkretere Pläne. Der Deutsch-Türke Dahan, geboren 2007 und in einer Nebenrolle in Tom Tykwers Dramödie „Das Licht“ von 2025 zu sehen, schwärmt von seinem Schauspiellehrer Mohammad Eliraqui und hofft auf Hauptrollen. Für Schäfer, der inzwischen mit Katja Riemann gedreht und in den Modelberuf hineingeschnuppert hat, war der Dreh 2023 eines seiner ersten Projekte.

Am schwierigsten fand er, so erzählt er auf dem Podium, die Cut-Scenes für das Intro, wo er ohne große Anleitung und Vorbereitung beatboxen und „irgendwas auf dem Schulhof“ machen sollte. Als Lieblingsszene nennt er das improvisierte Gespräch über Freiheit im Klassenzimmer: „Das, was man in der Szene über Freiheit gehört hat, kam von Herzen“, so der 18-Jährige. „Wenn man improvisiert, packt man viel mehr von seiner eigenen Persönlichkeit ins Schauspiel hinein.“ Die Moderatorin der Veranstaltung fühlte sich jedenfalls an Justus Jonas von den Drei Fragezeichen erinnert, als sie Luke Dylan Schäfer im Film über die Mehrdimensionalität des Freiheitsbegriffs philosophieren hörte.

Neue Projekte warten

Die Handlung des Kurzfilms „Die Traumtänzerinnen“ mäandert nicht stringent einer klar ausgearbeiteten Geschichte folgend, aber authentisch vor sich hin. Da sind drei junge Mädchen, die tun, was junge Mädchen eben so tun, und erleben, was junge Mädchen eben so erleben. Sie kichern gemeinsam. Eine wird aus dem Ballettunterricht gemobbt. Eine andere wird von einem der drei Jungs geliebt, doch sein Kumpel funkt ständig dazwischen. Die Freundinnen streiten sich und können sich trotzdem immer aufeinander verlassen. Es geht auch um Rassismus, soziale Ungerechtigkeit, Leistungsdruck, mentale Gesundheit und die Folgen der Pandemie.

Der Begriff „Traumtänzer*in“ scheint inspirierend für Kurzfilmemacher zu sein. Bei YouTube findet sich unter dem Titel auch ein „Lesbischer Kurzfilm“ (eine Bachelorarbeit von Alicia Zimmermann), ein Dokumentarfilm der Atelierschule Zürich und ein Beitrag zum Kurzfilm-Wettbewerb 99FIRE-FILMS-AWARD von Marco Romagnoli über einen Jungen, der eine taubstumme Frau trifft, die in Gebärdensprache von ihrem Traum, Tänzerin zu werden, erzählt. Ein Trailer von „Die Traumtänzerinnen“ von Jasmin Thometzek findet sich nicht, und auch der Insta-Account zum Film besteht bislang nur aus einem Beitrag.

SPERANTO-Gründerin Alica Paeska muss sich nach der Preview eben ihren zahlreichen neuen Projekten widmen, die sie für Jugendliche an den Start bringt – von Hip Hop-Empowerment-Kursen bis zum „Vision Coaching“. „Ich habe bereits in der Schulzeit soziale Ungerechtigkeit und mentales Leiden (mit-)erlebt“, erklärt sie in der Gründerstory auf ihrer Organisationswebsite. Das habe sie dazu motiviert zuzuhören und Verantwortung zu übernehmen. „Ich habe erlebt, wie [WEITERLESEN]

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Den ganzen Bericht über das Kurzfilmprojekt „Die Traumtänzer*innen“ gibt es hier:

MaMagazine – Ausgabe No. 02/2025

Inhalt

  • Künstlerportrait: Jedes Selfie könnte das letzte sein – Seite 2
  • Reisebericht aus Ghana: Wo sich die Seelen der Verstorbenen treffen – Seite 7
  • Kurzgeschichte: Uwe und das Mädchen – Seite 17
  • Rezension: Liebe und Anarchie – Seite 21
  • Gedicht: Szene in Rot – Seite 24
  • Kolumne: Wer will schon die weise, alte Morla sein? – Seite 25
  • Kurzfilmprojekt: „Nicht so viel darüber nachdenken, was andere von mir halten“ – Seite 28
  • Gedicht: Stilles Kind – Seite 31
  • Reisebericht aus Australien: Wo das harte Leben Kunst inspiriert – Seite 32
  • Kurzgeschichte: Matthias Ginnberger zittert nicht – Seite 37
  • Künstlerportrait: Drei junge Musikerinnen zum Niederknien – Seite 40
  • Travel report: Where a hard life inspires art – Seite 45